Der erste Schritt beginnt im eigenen Kopf: Gewicht reduzieren bei Diabetes mellitus
Mehr Bewegung, gesünder essen und Gewicht reduzieren – wir nehmen es uns vor und wollen es durchziehen. Und ist der Erfolg dann zu spüren und zu sehen, sind wir stolz und fühlen uns gut. Wenn nur der Anfang nicht so schwierig wäre.
Die gute Nachricht: Die allermeisten von uns haben es selbst in der Hand. Doch nur wenn man sich aktiv und aus eigenem Antrieb entscheidet, kann eine Veränderung auch gelingen. Ist der Wille wirklich da, ist selbstverständlich auch Unterstützung von außen hilfreich und wichtig: um die Motivation zu verstärken, um dran zu bleiben, um Hürden besser meistern zu können. Klar wäre es schön, wenn jetzt die eine Strategie, die für alle Erfolg verspricht, folgen könnte. Leider gibt es die nicht. Menschen sind verschieden, jeder Diabetes ist anders, der Weg zum Ziel ist sehr individuell.
Ernährung und Bewegung bei Diabetes
Trotzdem gibt es etwas, das alle, die Gewicht verlieren möchten, beherzigen sollten: Die Ernährung muss langfristig umgestellt und Bewegung regelmäßig in den Alltag eingebaut werden. Ohne diese beiden Parameter geht es nicht. Manchmal sind es nur kleine Stellschrauben, an denen man drehen muss – etwa die abendliche Knabberei konsequent weglassen oder das Snacken leerer Kohlenhydrate zwischendurch aus dem Alltag verbannen. Gepaart mit dem Willen, mehr Bewegung in das Leben zu integrieren und dies gegebenenfalls durch einen Schrittzähler selbst zu überprüfen, ist schon viel gewonnen. Noch besser ist es, man überzeugt ein Familienmitglied davon, mitzumachen, oder verabredet sich zu festen Terminen mit einem Freund oder einer Freundin. Wer ein paar Pfunde purzeln lassen möchte oder sich einfach nur etwas fitter fühlen will, der kann mit diesen vergleichsweise „einfachen“ Strategien schon echte Erfolge erzielen. Doch eingefahrene, über Jahre gepflegte Gewohnheiten sind nicht zu unterschätzen. Man könnte sagen, sie haben eine gewisse Macht über uns. Damit unser Unterbewusstsein lernt, dass das Leben auch ohne sie lebenswert ist, muss man es überlisten. Wer nach einem anstrengenden Arbeitstag seine Entspannung bislang vor allem darin sah, sich auf dem Sofa lang zu machen und – vielleicht zur Lieblingsserie – ein paar Leckereien zu genießen, der wird etwas vermissen. Das Gehirn hat gelernt: Entspannung ist gleich körperliche Ruhe plus Eintauchen in unterhaltsame Bewegtbilder auf dem Bildschirm plus der Geschmack von Süßem oder Salzigem auf der Zunge. „Wie soll ich mich entspannen, wenn das fehlt?“, wird das Unterbewusstsein fragen. Die Antwort lautet: Alternativen finden. Das kann für jeden etwas anderes sein. Anstelle der Sofa-TV-Einheit könnte man auch noch eine Runde um den Block laufen, sich aufs Rad schwingen und statt Knabbereien und Alkohol eine Kanne Tee auf den Couchtisch stellen. Es gibt inzwischen eine Vielzahl leckerer Teesorten. Ungesüßt verstecken sich auch keine Kalorien darin und wer Tee nicht ohne Süße mag, kann ein bisschen Honig hineingeben. Am besten den Tee vorher etwas abkühlen lassen, dann bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe des Honigs erhalten. Besser als Vollmilchschokolade oder Chips sind Bitterschokolade und Nüsse (bitte ohne Salz). Die Königsdisziplin wäre allerdings am späten Abend gar nichts mehr zu sich zu nehmen, zumal der abendliche Snack dann ja auch wieder die ein oder andere Einheit Insulin erfordert.
Neuer Lebensstil – anderer Insulinbedarf
Umgekehrt beeinflusst eine plötzliche Änderung der Gewohnheiten natürlich auch die benötigte Insulinmenge. Wer abends statt wie bisher auf dem Sofa zu liegen, einen zügigen Spaziergang einlegt, muss darauf achten, nach dem Abendessen nicht zu viel Insulin zu spritzen, damit im Anschluss nicht gleich wieder die Aufnahme von Kohlenhydraten vonnöten ist. Je intensiver die Bewegung ist, desto empfindlicher werden die Zellen für Insulin, der Bedarf sinkt also. Gleichzeitig steigt der Zuckerverbrauch in den Muskeln. Ist also Bewegung geplant, sollte von vornherein weniger Insulin gespritzt werden. Wer abends Sport treibt, profitiert unter Umständen davon, etwas höhere Werte in Kauf zu nehmen. Denn selbst noch Stunden nach körperlicher Aktivität kann das Hypo-Risiko erhöht sein, weil die Muskeln ihre Zuckerspeicher auffüllen, der sogenannte „Nachbrenneffekt“. Dies erhöht auch das Risiko für nächtliche Hypoglykämien.
Mit Diabetes auf Diät
Nicht immer sind es nur ein paar Pfunde zu viel auf der Hüfte – zuweilen möchten Menschen zehn, zwanzig oder noch mehr Kilo verlieren. In diesem Fall ist es sinnvoll, das Diabetes-Team hinzuzuziehen. Gemeinsam mit der Diabetologie, Ernährungs- und Sporttherapie heißt es zunähst medizinisch relevante Fragen zu klären. Denn bei jedem Menschen sitzt das „Zuviel“ an ganz unterschiedlichen Stellen. Der von Laien oft herangezogene BMI (Body Mass Index) ist schnell errechnet, doch er sagt nichts aus über die Verteilung des Fetts im Körper. Handelt es sich eher um subkutanes oder um viszerales Fett? Subkutane Fettzellen befinden sich direkt unter der Haut (subkutan), wohingegen viszerales Fett sich zwischen den Organen ablagert. Letzteres stellt ein hohes gesundheitliches Risiko dar.
Und auch wie viel Energie ein Mensch zum Erhalt der Körperfunktionen verbraucht, ist individuell verschieden. Erwiesen ist, dass sich sowohl durch Bewegung als auch durch den Aufbau von Muskelmasse der Energieverbrauch – und damit der Energiestoffwechsel – steigern lässt. Muskeln brauchen Energie und zwar auch im Ruhezustand. Je mehr Muskelmasse ein Mensch hat, desto mehr verbrennt er. Muskeltraining lohnt sich also doppelt. Obendrein haben Menschen, die sportlich aktiv sind, ein stabileres Immunsystem und fühlen sich in der Regel in ihrem Körper wohler. Und das wirkt sich auch positiv auf die Psyche aus.
Tipps zum Abnehmen mit Diabetes
- Ziele formulieren, Familie und Freunde mit einbeziehen.
- Mit dem Diabetes-Team sprechen und ggf. Ernährungs- und Sporttherapie hinzuziehen.
- Ein Schrittzähler – als App auf dem Smartphone oder der Smartwatch – hilft den Überblick zu behalten:
- „Ich müsste heute noch 2 000 Schritte laufen.“
- „Ich habe heute bereits 6 000 Schritte erreicht.“
- „Ich habe mich gesteigert.“
- Nicht zu viel auf einmal vornehmen: Lieber weniger kleine Ziele formulieren, die sich auch einhalten lassen, als viele große, an denen man möglicherweise scheitert.
- Oberstes Ziel muss nicht immer die Gewichtsabnahme sein. Es kann auch zunächst darum gehen, überhaupt mehr Bewegung zu integrieren, sich fitter zu fühlen und gesünder zu essen.
- Ungesunde Lebensmittel weitestgehend meiden: Softdrinks, Alkohol, Pommes, Süßigkeiten, Weißmehlprodukte, gezuckerte Milchprodukte. Weniger rotes Fleisch, mehr Gemüse essen. Obst nur in Maßen.
- Selbst kochen (Rezepte für eine gesunde Vollwertküche gibt es hier).
- Sich selbst etwas zutrauen, positive Aussagen formulieren: „Ich kann mehr, als ich denke! Ich schaffe das!“