Pflanzliche Ernährung und Diabetes – Wie Vitamin B12 die Nerven schützt
Auch mit Typ-1-Diabetes kann eine überwiegend pflanzliche Ernährung mit vielen Vorteilen verbunden sein. Wichtig dabei ist, bestimmte Mikronährstoffe im Blick zu behalten. So zum Beispiel Vitamin B12. Es ist unverzichtbar für die Nerven und sollte insbesondere bei veganer Lebensweise dringend ergänzt werden.
Dem Tierwohl und der Umwelt zuliebe oder einfach, weil es gesünder ist – es gibt zahlreiche Gründe, weshalb immer mehr Menschen vegetarisch oder vegan leben möchten. (Lesen Sie hierzu auch „Ist Bio besser“). Manche Menschen mit Typ-1-Diabetes überzeugt zudem, dass eine rein pflanzliche Ernährung das Risiko für Herzkreislauferkrankungen senkt. Denn in Fleisch und Milchprodukten stecken viele Transfette, die Cholesterinablagerungen in den Gefäßen und damit die Entstehung von Arterienverkalkung begünstigen. Kurzum: Es spricht vieles dafür, häufiger mal auf Tierisches zu verzichten. Damit die Ernährung ausgewogen bleibt, ist es jedoch wichtig, die ausreichende Zufuhr mit allen wichtigen Nährstoffen im Blick zu behalten. Hier ist insbesondere das Nervenvitamin B12 zu nennen: Ein B12-Mangel kann das Risiko für eine diabetischen Neuropathie erhöhen und sollte daher unbedingt vermieden werden.
Ein tierisch wichtiges Vitamin
Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, ist ein wasserlösliches Vitamin, das für die Zellteilung und Blutbildung sowie die Nervenbildung und -reparatur benötigt wird. Da der Vitalstoff praktisch nur in tierischen Produkten in relevanten Mengen vorkommt, gilt ein vegetarischer oder veganer Lebensstil als Hauptrisikofaktor für einen Vitamin-B12-Mangel. Bei vegetarischer Kost, bei der in der Regel auch Eier und Milchprodukte auf dem Speiseplan stehen, sind die Chancen gut, dass – bei sorgfältiger Ernährungsplanung – eine ausreichende Menge Vitamin B12 aufgenommen werden kann. Den Bedarf mit rein pflanzlicher Ernährung zu decken, ist nach derzeitigem Wissensstand jedoch nicht möglich.
Vitamin-B12-Mangelkommt häufig vor
Aber nicht nur Vegetarier und Veganer sollten auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr achten. Unabhängig vom Verzehr tierischer Lebensmittel zählen auch ältere Menschen und Schwangere, Patient*innen mit chronischen Nieren- oder Darmerkrankungen und solche mit Diabetes oder Zöliakie zu den Risikogruppen. In manchen Fällen besteht ein allgemein höherer Bedarf, mitunter kann das Vitamin auch nicht ausreichend aufgenommen werden. Eine gestörte Vitamin-B12-Aufnahme wird unter anderem durch eine Autoimmungastritis sowie auch durch bestimmte Medikamente (zum Beispiel Metformin) verursacht. Bei einer Autoimmungastritis werden jene Zellen des Magens zerstört, die das Glykoprotein „Intrinsic-Factor“ absondern, welches für die Aufnahme von Vitamin B12 wichtig ist. Das Risiko hierfür ist bei Typ-1-Diabetes erhöht. Auch akuter oder chronischer Stress sowie Infektionen können einen erhöhten Vitamin-B-12 Bedarf verursachen. Einer Studie 1 zufolge weisen zwischen 45 und 54 Prozent der Menschen mit Typ-1-Diabetes einen B12-Mangel auf.
Mangel erkennen
Die Anzeichen eines Vitamin B12-Mangels sind unspezifisch und machen sich häufig erst bemerkbar, wenn dieser bereits ausgeprägt ist. Das ist insofern ungünstig, als dass ein langanhaltender Mangel zu irreversiblen– also nicht rückgängig zu machenden – Schäden führen kann. Zu den Symptomen gehören unter anderem Sensibilitätsstörungen, wie etwa Kribbeln in Armen und Beinen oder Taubheitsgefühle in Händen und Füßen, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme. Ein langfristiger Mangel kann auch Depressionen oder sogar Psychosen und Demenz begünstigen. Unbehandelt halten die Symptome an und verschlimmern sich mit der Zeit. Ursache für die überwiegend neurologischen Symptome ist eine Schädigung der sogenannten Myelinscheiden. Sie umhüllen und schützen die Nerven und ermöglichen so eine schnelle Reiz-Weiterleitung. Ohne Vitamin B12 sind Reparatur und Erhalt dieser schützenden Nervenhüllen nicht möglich.
Den Mangel beheben
Wird der Mangel frühzeitig erkannt und behoben, erholen sich die meisten Betroffenen vollständig innerhalb kürzester Zeit. Die Therapie sollte dafür aber bestenfalls innerhalb weniger Wochen nach Einsetzen der Symptome beginnen. Setzt die Behandlung erst viel später ein, kann ein Fortschreiten der Symptome unter Umständen zwar verlangsamt oder verhindert werden, häufig aber kehren die verlorenen Funktionen nicht vollständig zurück.
Einem Mangel vorbeugen
Für kaum ein Vitamin legt unser Körper so reichhaltige Depots an, wie für Vitamin B12. Geschätzt sind es 2.000 bis 4.000 Mikrogramm, die vor allem in der Leber gespeichert werden. Generell raten Experten zu einer täglichen Aufnahme von mindestens sechs Mikrogramm Vitamin B12. Neuere Studien lassen aber erkennen, dass die aktuellen Empfehlungen neu bestimmt werden sollten und besonders für ältere Menschen zu niedrig erscheint. Negative Folgen durch eine Überdosierung sind zwar nicht bekannt, dennoch sollte auf übermäßige Vitamin- B12-Gaben verzichtet werden. Die Rücksprache mit dem Arzt ist daher immer ratsam. Risikogruppen kann empfohlen werden, alle zwei Jahre durch eine Blutentnahme den Vitamin-B12-Spiegel bestimmen zu lassen.
Der wichtigste Frühwarn-Parameter
Ein wichtiger Laborwert für die frühzeitige Diagnostik eines Vitamin B12-Mangels ist der Parameter Holotranscobalamin (Holo- TC). Dabei handelt es sich um die aktive Form des Vitamins, die aus dem Blut von Zellen aufgenommen werden kann. Ist dieser Wert zu niedrig, beginnen sich die Vitamin- B12-Speicher zu leeren. Ein erniedrigter Holo-TC-Spiegel ist der früheste Marker eines B12-Mangels und zeigt diesen an, weit bevor Symptome auftreten.