Insulinpumpen-Therapie und Sport

Einen Marathon laufen oder an einem Triathlon teilnehmen: Es gibt Ausnahmesportler mit Diabetes die zeigen, dass Diabetes keine Grenzen setzt. Der Alltag sieht meist jedoch anders aus: Viele Pumpenträger fällt es schwer, Therapie und körperliche Aktivitäten „unter einen Hut“ zu bringen. Dabei bietet die Insulinpumpe die besten Voraussetzungen, wenn man ihre Vorteile richtig einsetzt.

Verbesserung des Stoffwechsels

Mehr Ausdauer, mehr Beweglichkeit und eine bessere Figur: Sport macht fit und hebt das Selbstvertrauen. Ganz nebenbei wirkt er sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus, senkt zum Beispiel den Blutdruck und verbessert die Durchblutung.

Bei Menschen mit Diabetes trainiert regelmäßige Bewegung zudem den Stoffwechsel: Langfristig verbessert sich die Glukoseaufnahme in die Muskulatur, und die Insulinempfindlichkeit steigt. Weil in der Muskulatur viel Glukose verbraucht wird, sinkt der Insulin-Grundbedarf durch regelmäßige körperliche Bewegung.

Dadurch ergeben sich folgende Stoffwechseleffekte:

  • Kurzfristig: Verminderter Insulinbedarf während des und einige Zeit nach dem Sport, abhängig u.a. von der Intensität der körperlichen Aktivität.
  • Mittel- bis langfristig: Verbesserung der Glukoseaufnahme in die Muskulatur. Der (basale) Insulingrundbedarf sinkt.

Wie sich Sport auf den Körper auswirkt

Während und auch noch einige Zeit nach dem Sport ist die Glukoseverarbeitung im Körper verändert:

  • Große Teile der Muskelgruppen werden aktiviert, d.h. es kommt zu einer vermehrten Glukoseaufnahme aus dem Blut.
  • Der Energiebedarf der beanspruchten Muskelgruppen steigt an. Gleichzeitig erhöht sich die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen, d.h. es kommt zu einer Senkung des Insulinbedarfs.
  • Es wird weniger Insulin zur Einschleusung der Glukose in die Muskulatur benötigt.
  • Wenn man die Insulinzufuhr nicht reduziert bzw. keine Kohlenhydrate zu sich nimmt, kann es zu einer Unterzuckerung kommen.

Der Körper benötigt beim Sport also weniger Insulin. Wie viel weniger, das lässt sich leider nicht pauschal beantworten, sondern ist abhängig von verschiedenen Faktoren:

Faktor 1: Intensität des Sports/Trainingszustand

Wie sehr belastet mich die körperlich Bewegung im Rahmen meiner Leistungsfähigkeit? Wie ist mein Trainingszustand?

Bei der Einstufung der persönlichen Leistungsfähigkeit kann man sich folgendermaßen orientieren:

  • Bei 30 % Belastung: leichtes Atmen; man kann sich noch gut während des Sport unterhalten.
  • Bei 50 % Belastung: tieferes Atmen; man kann sich noch unterhalten, aber es fällt schwerer.
  • Bei 70 % Belastung: tiefes Atmen, Schnaufen; eine Unterhaltung ist nicht möglich.

Faktor 2: Sportart

Ausdauersportarten wie Walken, Joggen oder Fahrradfahren belasten den Körper konstant, d.h. Schwankungen im Insulinbedarf sind weniger zu erwarten. Schwieriger einzuschätzen sind Sportarten mit wechselnder Belastung, also solche, bei denen man von Zeit zu Zeit Pause macht. Dazu gehören z.B. Ballsportarten wie Fußball und Handball, aber auch Tennis, Squash und Skifahren.

Faktor 3: Dauer der sportlichen Betätigung

Dieser Faktor spielt dann eine Rolle, wenn während des Sports Kohlenhydrate aufgenommen werden müssen, und dafür zusätzlich Bolusinsulin gegeben wird: zum Beispiel bei mehrstündigen Belastungen wie bei einer Bergwanderung oder eines Marathons.

Der Muskelauffülleffekt

Nach dem Sport in der Insulinbedarf noch eine Zeit lang vermindert, denn der Körper ist bestrebt, die Glukosespeicher in den Muskeln wieder aufzufüllen. Auch die Fettverbrennung läuft in dieser Phase weiter. Wie lange sich dieser „Muskelauffülleffekt“ hinzieht, hängt von der Intensität und der Dauer des Sports ab. Deshalb:

  • Die Basalrate nicht sofort nach Ende des Sports wieder auf 100% setzen, sondern die Senkung noch eine Zeit lang beibehalten. Regelmäßigen Blutzucker messen.
  • Wenn der Sport am Abend stattfindet: Vor dem Schlafengehen darauf achten, dass der Blutzucker nicht zu niedrig ist (mindesten 140 mg/dl bzw. 7,8 mmol/l).

Faustregel: Bei mittlerer Intensität (Belastung ca. 50 % der Leistungsfähigkeit) sollte man die Senkung etwa doppelt so lange beibehalten, wie der Sport gedauert hat. Nach einer Stunde Sport also noch zwei weitere Stunden.

Achtung: Bei hoher Intensität und/oder mehrstündiger körperlicher Aktivität kann der Muskelauffülleffekt noch viele Stunden anhalten, unter Umständen bis zum nächsten Tag. Dies muss dann für die Zeitspanne der Basalratensenkung einkalkuliert werden.

Die richtige Sportart

Wenn Sie regelmäßig dabei bleiben wollen, sollten Sie sich für einen Sport entscheiden, der Ihnen wirklich Spaß macht. Diabetes ist dabei kein Hindernis – für Pumpenträger sind (fast) alle Sportarten möglich.

Bei den meisten Sportarten ist die Insulinpumpe mit dabei. Ausnahmen sind Sportarten, mit Körperkontakt, z.B. Fußball, Handball oder Kampfsportarten, bei denen die Insulinpumpe stört oder Verletzungen hervorrufen könnte. Beim Schwimmen empfehlen die meisten Hersteller, die Insulinpumpe abzulegen. Eine Ausnahme ist hier der Omnipod, der wasserfest ist und somit auch beim Schwimmen getragen werden kann.

Aus sportmedizinischer Sicht sind vor allem Ausdauersportarten wie Laufen, Walken und Radfahren empfehlenswert, doch wichtiger als die Sportart ist die Regelmäßigkeit: Einmal, besser zweimal die Woche für 30 bis 60 Minuten.

Sportliche Betätigung richtig planen:

  • Blutzucker Zielwerte bei Aufnahme des Sports:
    160 bis 180 mg / dl (8,3 bis 10,0 mmol/l)
  • Sie sollten keinen Sport treiben bei Blutzuckerwerten von:
    < 150 mg/dl (8,3 mmol/l)
    > 250 mg/dl (13,9 mmol/l)
    Bei zusätzlich positivem Azeton-Urintest (+ / ++ / +++)
    bzw. einem Ketonwert > 0,6
  • Bei niedrigem Werten ein bis zwei Sport-BE (z.B. Saft oder Saftschorle, Banane) essen und 20 Minuten mit dem Sportbeginn warten.

Tipp: Gesundheitscheck wichtig

  • Unser Tipp
    Wenn Sie bisher keinen oder nur wenig Sport getrieben haben, sollten Sie sich von Ihrem Arzt vor Beginn des regelmäßigen Sports gründlich untersuchen lassen. Das Diabetesteam kann Sie bei der Auswahl der richtigen Sportart beraten und darüber hinaus bei der individuellen Therapieanpassung Unterstützung leisten.

 


Therapie anpassen

Für die Insulinanpassung beim Sport gibt es keine pauschalen Regeln. Die persönliche Erfahrung spielt eine entscheidende Rolle.

Basalrate senken

Pumpenträger haben den großen Vorteil, dass sie flexibel und relativ kurzfristig ihr Insulin anpassen können. Alle Insulinpumpen bieten heute die Möglichkeit, die Basalrate über eine gewisse Zeit prozentual zu senken, ohne dabei das ursprüngliche Profil zu verändern. Das heißt: Der Abgaberhythmus bleibt gleich, aber die Menge des Insulins wird prozentual für einen gewissen Zeitraum herabgesetzt. Die Dauer legt man dabei selbst fest. Die Senkung kann jederzeit abgebrochen werden.

Bei der Festlegung der Basalratensenkung sind die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:

  • Ausgangsblutzucker im Zeitpunkt der Senkung
  • Intensität des geplanten Sports (hier orientiert man sich an seiner persönlichen Skala)
  • Eventuell noch wirkendes Bolusinsulin

Vorlaufzeit der prozentualen Basalratensenkung

  • Mindestens eine Stunde (Analoginsulin)
  • Mindestens zwei Stunden (Normalinsulin)

Vor der sportlichen Betätigung Blutzucker messen.

Zum Zeitpunkt der Senkung den Zielwert von ca. 170 mg/dl (9,4 mmol/l) im Auge behalten.

Achten Sie nach dem Sport auf den Muskelauffülleffekt.


Tipp: In kleinen Schritten herantasten

  • Unser Tipp
    Die temporäre Basalrate kann bei Insulinpumpenträgern in Schritten von 10 % gewählt werden. Damit kann man sich Schritt für Schritt an die optimale Senkung der Basalrate beim Sport herantasten. Wer eine hohe Insulinempfindlichkeit aufweist, profitiert auch von noch kleineren Schritten, wie sie einige Pumpen-Modelle bieten. Generell gilt: Besser zu viel Insulin reduzieren als zu wenig, um das Risiko einer Hypoglykämie zu minimieren. Ein kurzfristig erhöhter Blutzucker ist dagegen leicht korrigierbar.